Andachten

Andacht

Andacht 07.02.2023

07. Februar 2023 | Thomas Lobitz

Andacht 07.02.2023

Bildnachweis: Gerd Schmid

Jesus spricht zu ihm: Steh auf, nimm dein Bett und geh hin! Und sogleich wurde der Mensch gesund und nahm sein Bett und ging hin.

Gestern ging es um die Frage von Jesus, ob der Gelähmte am Teich Betesda gesund werden möchte. Er heilte ihn erst nach dessen Einverständnis. Denn für einen Menschen, der durch eine Krankheit jahrzehntelang erheblich eingeschränkt war, markierte das Gesundwerden den Beginn eines neuen, selbstverantwortlichen Lebens. Dabei wies Jesus ihn ausdrücklich an, sein Bettzeug mitzunehmen. Wäre er nicht selbst darauf gekommen? Wäre es nicht sogar besser gewesen, wenn er sein Bettzeug einem anderen Bedürftigen zur Verfügung gestellt hätte? Welchen Sinn hatte diese Aufforderung? Wenn das Leben über viele Jahre hinweg von einer körperlichen oder psychischen Krankheit beherrscht wird, bleibt immer etwas zurück. Die Menschen „tragen etwas mit sich herum“ – sie haben seelische und vielleicht auch körperliche Narben. Auch der ehemals Gelähmte begann seinen neuen Lebensabschnitt nicht so, als sei nichts geschehen. Das mitgenommene „Bett“ kann als Sinnbild dafür verstanden werden, dass die Erinnerung bleibt. Manche Erfahrungen begleiten uns unser Leben lang, auch wenn das zugrunde liegende Erlebnis längst aufgearbeitet und bewältigt wurde. Deshalb sollten wir mit Genesenen weiterhin behutsam umgehen, denn sie werden vermutlich trotzdem nicht einfach schablonenhaft funktionieren, wie viele es gern sähen. Leider begegnete der ehemalige Gelähmte kurz darauf frommen Menschen, die ihn sofort auf eine vermeintliche Gesetzesübertretung hinwiesen: „Heute ist Sabbat, es ist dir nicht erlaubt, dein Bett zu tragen.“ (V. 10) Welch ein Kontrast: Gerade erst genesen, wurde sein Verhalten sofort einer kritischen Bewertung unterzogen. So hatte er sich das Leben in Selbstverantwortung nicht vorgestellt! Hätten sich die Frommen nicht wenigstens ein bisschen über seine Heilung mitfreuen können? Diese Begegnung ist ein abschreckendes Beispiel für falsche Prioritäten im Glauben. Menschen, die eine Last tragen, brauchen keine Vorhaltungen darüber, was sie alles falsch machen, sondern ehrliches Interesse, Mitgefühl und Unterstützung – auch heute.

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