Andachten

Andacht

Andacht 06.02.2023

06. Februar 2023 | Thomas Lobitz

Andacht 06.02.2023

Bildnachweis: Gerd Schmid

Als Jesus ihn liegen sah und vernahm, dass er schon so lange krank war, spricht er zu ihm: Willst du gesund werden?

Welch eine Frage! Da leidet ein Mann 38 Jahre an einer unheilbaren Krankheit und liegt bewegungsunfähig am Teich Betesda in Jerusalem. An diesem Ort hielten sich damals „viele Kranke, Blinde, Lahme, Ausgezehrte“ auf (V. 3–4), in der Hoffnung, durch ein Wunder gesund zu werden. 38 Jahre lang war dieser Mann auf fremde Hilfe angewiesen und gehörte zu den Almosenempfängern der Stadt. Er wurde bemitleidet und wahrscheinlich auch nicht ganz ernst genommen. Da wirkt es auf den ersten Blick merkwürdig, dass Jesus ihn fragt, ob er gesund werden will. Auf den zweiten Blick ist diese Frage berechtigt. Die Heilung von einer Krankheit, die das Leben eines Menschen bestimmt hat, wird massive Veränderungen bewirken. Plötzlich steht der geheilte Mensch auf eigenen Füßen und ist in der Lage, Verantwortung für sich zu übernehmen. Er kann einer bezahlten Arbeit nachgehen, ihm fällt es leichter, wieder Kontakte zu knüpfen, er steht stärker als vorher in der Pflicht, Beziehungen zu pflegen – kurz: Er muss auch geben, statt nur zu nehmen. Wem die Aufmerksamkeit und Fürsorge anderer Menschen zuteilwird, steht in der Gefahr, sich so sehr daran zu gewöhnen, dass ein eigenverantwortliches Leben kaum noch gelingen mag – und er das im tiefsten Inneren auch gar nicht mehr will. Jesus will mit seinem Heilungsangebot den langjährigen Kranken nicht in eine Lage stürzen, die ihn überfordern würde. Deshalb fragt er ihn vor der Heilungstat, ob er es wirklich will. Seine Antwort lässt erkennen, dass er gesund werden möchte (V. 7), und so geschieht es dann. Der Mann hatte die Wahl und entschied sich für ein Leben frei von Krankheit und für die Selbstverantwortung. Jesus ermahnt ihn, mit dieser neu gewonnenen Freiheit gut umzugehen, damit ihm „nicht etwas Schlimmeres widerfahre“ als sein langjähriges Leiden (V. 14). Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist nicht eine Krankheit, sondern der Verlust des Glaubens und der Gewissheit, ein Kind Gottes zu sein. Hier jedoch gilt uns das Versprechen: „Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus.“ (Gal 3,26) Daran können wir festhalten – in Gesundheit wie in Krankheit.

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