Andachten

Andacht

Andacht 21.06.2019

21. Juni 2019 | Verena Greim

Beine baumeln / Sprungbrett

Bildnachweis: manun | photocase.de

Eine linde Antwort stillt den Zorn; aber ein hartes Wort erregt Grimm.

Heute habe ich Lust, neue Blumen in die Töpfe in unserem Vorgarten zu pflanzen. Wissend, dass dieser Elan nur von kurzer Dauer ist, fahre ich sofort in ein Gartencenter.
Die Farbenpracht der Chrysanthemen ist überwältigend. Ich kann mich kaum entscheiden. Mit mehreren Blumentöpfen in den Armen suche ich eine geeignete Transportmöglichkeit. Neben einer beschäftigten Verkäuferin stehen Plastikunterlagen. „Entschuldigung“, spreche ich sie an, „darf ich mir so eine Ablage nehmen?“ – „Ja“, antwortet sie ohne aufzuschauen, „aber die sind noch nass. Also, wenn Sie das nicht schlimm finden ...“ – „Schlimm?“, wiederhole ich lachend und gut gelaunt. „Krank sein ist schlimm, aber nicht nass!“ Plötzlich hält die Frau inne und schaut mich erschöpft und resigniert an: „Sie haben ja keine Ahnung, was hier jeden Tag los ist! Wissen Sie, was die Leute alles schlimm finden? Und worüber die sich aufregen und wofür sie uns beschimpfen?“
Nein, ich weiß es wirklich nicht. „Das tut mir leid“, erwidere ich ehrlich. „Lassen Sie sich  davon nicht entmutigen!“ Ein dankbares Lächeln hellt das Gesicht der Verkäuferin auf. Und ich schäme mich. Nicht nur für die anderen unfreundlichen Kunden, sondern für all die Momente, in denen ich beim Einkaufen auch gereizt und unaufmerksam war.
Weiß ich denn, wie viel Negatives mein Gegenüber heute schon gehört hat? Oder welche Sorgen den anderen gerade belasten? Bin ich nur eine weitere undankbare, verärgerte  Kundin? Oder will ich heute mal die Erste sein, die ein freundliches Wort für die Kassiererin übrig hat? Vielleicht bin ich morgen diejenige, die die Aufmunterung eines anderen Menschen braucht.
Beglückt und nachdenklich fahre ich nach Hause. Die Chrysanthemen pflanze ich gleich ein. Solange sie blühen, sollen sie mich an die Worte der Verkäuferin und an die Worte der Bibel erinnern: „Sorge im Herzen bedrückt den Menschen; aber ein freundliches Wort erfreut  ihn.“ (Spr 12,25)

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