Andachten

Andacht

Andacht 19.07.2018

19. Juli 2018 | Claudia Mohr

Andacht 19.07.2018

Bildnachweis: Rike. / photocase.de

Siehe, der Bräutigam kommt! Geht hinaus, ihm entgegen!

Hochzeiten können einen ganz schön unruhig machen. Das geht nicht nur dem Brautpaar so. Als Hochzeitsfotografin bin ich gefordert, mich immer wieder auf neue Situationen einzustellen. Und nur keine Panik!
Dieses Mal warten wir schon eine ganze Weile auf das Brautpaar. Neben mir stehen mindestens neun andere Fotografen. Ich überprüfe noch mal meine Ausrüstung: Akkus geladen? Ja! Blitz? Auch dabei! Fotografieren ist eine Kunst. Ich bin da ganz von der alten Schule und benutze einen Film.
Warum dauert das so lange? Da wird man glatt ein bisschen schläfrig. Ich lehne mich an die warmen Steine der Kirchenmauer, schließe die Augen und komme ins Träumen: Ich bin die Regisseurin, und das Brautpaar spielt sich selbst. Der vielleicht schönste Schnappschuss wäre der Moment, in dem die Brautjungfer den Brautstrauß fängt.
Ach ja, die Brautjungfern. Manchmal sind es so viele, dass mich das an die Bibelgeschichte erinnert. Da warten zehn Jungfrauen auf den Bräutigam. Doch irgendwie dürfen nur fünf auf das Fest. Warum noch mal? Ich grüble. Hatten die nicht irgendetwas vergessen? Was war das noch? Egal! Hätten die sich mal gescheit vorbereitet!
Die Turmuhr schlägt zwölf. Endlich! Der Bräutigam kommt. Ich schrecke auf. Hatte ich wirklich geschlafen? Ich greife nach meiner Kamera und will abdrücken: „Klupp.“ Wieso „klupp“? „Klick“ müsste es machen! Was ist da los? Ich beäuge meine Kamera misstrauisch. Sollte ich etwa keinen Film ...?
Ich suche panisch in meiner Tasche nach einem Film und finde: nichts. Die Kollegen lachen mich aus - sie können sich alle auf ihre Digitalkameras verlassen. War da nicht ein Tante-Emma-Laden um die Ecke? Nach 30 Minuten bin ich wieder da. Die Kirchentür ist verschlossen. Ich hämmere dagegen. Nichts tut sich. Scham überkommt mich und ich denke an die zehn Brautjungfern. Was hatten die noch mal vergessen? Da fällt es mir plötzlich wieder ein: Öl für ihre Lampen.
Ich weiß, der Bräutigam kommt! „Deshalb seid wach und haltet euch bereit! Denn ihr wisst weder an welchem Tag noch zu welchem Zeitpunkt der Menschensohn kommen wird.“ (Mt 25,13 Hfa) Und ich möchte das Spektakel fotografieren. Also überprüfe ich jetzt schon mal meine Kamera. Dann gehe ich ihm entgegen.

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