Andachten

Andacht

Andacht 27.05.2018

27. Mai 2018 | Beate Strobel

Beine baumeln / Sprungbrett

Bildnachweis: manun | photocase.de

Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut.

Es gibt Augenblicke im Leben, die ein so großes Stau­nen auslösen, dass man sie nie mehr vergisst: zum Beispiel, als ich zum ersten Mal ein Neugeborenes mit dem feinen Haarflaum und den winzig kleinen Fin­gernägeln in meinen Armen hielt. Oder als ich in den Bergen nach langer, kalter Nacht die wohltuende Wärme von heißen Quellen aus der Erde erlebte. Oder jedes Jahr, wenn der Frühling kommt und die kahlen Bäume hellgrüne Blättchen tragen und Vögel wieder zwitschern. Wo haben sie den ganzen langen Winter verbracht?

Viele Menschen scheinen das Staunen längst ver­lernt zu haben. Aber das Staunen gehört zum Leben und ist wichtig. Psychologen in den USA haben mehr als 2000 Freiwillige in verschiedenen Versuchen ge­testet und entdeckt: Wer das Gefühl des Staunens bei sich zulässt, verhält sich nachweislich kooperativer und weniger egoistisch. Man hält sich nicht mehr für den Mittelpunkt der Welt, wenn man staunt.

Das Gegenteil von Staunen ist die Haltung, dass man ja ohnehin schon alles weiß und einen nichts mehr überraschen kann. Es braucht dann schon Sen­sationen, immer noch größere Superlative, damit ein Mensch mit solch einer Einstellung beeindruckt ist. Kleine Details oder zunächst Unscheinbares werden gar nicht beachtet. Neue Welterfahrungen aber gab es früher meist durch Naturforscher, die eine beharr­liche Lust am Entdecken und Staunen hatten. Aller­dings versuchten sie auch, durch ihre Erkenntnisse die Welt exakt erklärbar zu machen und zu beherr­schen. Vor lauter Wissenschaft aber darf man die Be­wunderung für die durchdachte Konstruktion dieser Welt und die Einmaligkeit des Lebens nicht vergessen.

Die Bibel bezeichnet die Welt mit dem altmodisch klingenden Wort „Schöpfung“. Weil Gott hinter der Schöpfung steht, hat alles Tun von uns Menschen eine Grenze. Es gibt etwas, das größer ist als wir selbst. Das Staunen erinnert mich daran, dass diese Schöp­fung sehr gut ist: der Anblick einer paradiesischen Landschaft, die Liebe zwischen zwei Menschen. Stau­nen können trägt dazu bei, gegen den Größenwahn anzugehen und sozialer und hilfsbereiter zu werden.

Ich versuche, jeden Tag etwas zu finden, das mich staunen lässt und mir bewusst macht, wie gut Gott dies geschaffen hat. Heute am Sabbat und an jedem neuen Tag.

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