Andachten

Andacht

Andacht 16.05.2018

16. Mai 2018 | Günther Machel

Ein kleines rosa Herz liegt auf einem Holzschneidebrett.

Bildnachweis: madochab / photocase.de

Liebt eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und bittet für die, welche euch beleidigen und verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel seid.

Kriegsdienstverweigerung ist als Grundrecht in unse­rer deutschen Verfassung verankert. Bis zur Ausset­zung der allgemeinen Wehrpflicht habe ich etliche Jugendliche begleitet, die in einem mündlichen Prü­fungsverfahren ihre Gewissensnot darlegen sollten. Dabei kam dieser Text aus der Bergpredigt immer wie­der zur Sprache.

Ich erinnere mich an ein Verfahren, in dem der Vorsitzende plötzlich das laufende Tonbandgerät aus­schaltete und die Prüfung unterbrach. „Ich verstehe diesen Bibeltext nicht. Wie kann man denn seine Feinde lieben? Das geht doch gar nicht. Wie soll ich damit umgehen?“ Und dann hatten wir abseits der Verhandlung ein ganz offenes Gespräch, ja fast ein kleines Bibelstudium.

Das Wort „Liebe“ hat in der Grundsprache der Bibel unterschiedliche Facetten, die die deutsche Übersetzung nicht immer widerspiegelt. Die griechi­sche Sprache hat für die erotische, sexuelle Liebe, die brüderliche, freundschaftliche Liebe und auch für die Liebe Gottes ganz unterschiedliche Worte. Hier in diesem Text der Bergpredigt wird das Wort agape genannt. Und das meint die göttliche Liebe. Hier wird also nicht erwartet, dass wir Feinde emotional um­armen. Hier geht es um eine Haltung, die ausdrückt: Ich will den Feind als Geschöpf Gottes betrachten. Er ist ein geschaffenes Wesen wie ich und verdient von daher meinen Respekt, meine Wertschätzung. Auch wenn es mir nicht leichtfällt.

Emotional sehe ich mich damit völlig überfordert. Da brauche ich Gottes Hilfe. Die Haltung der Berg­predigt kann deshalb nicht von Menschen gefordert werden, denen Jesus Christus fremd ist. Sie ist an die Jünger, an seine Nachfolger gerichtet (Mt 5,1).

Oft ist schon darüber diskutiert worden, ob man mit diesen Bibelversen Politik machen kann. Aber nirgendwo hat Jesus zu erkennen gegeben, dass Frieden politisch organisierbar ist. Eine Befriedung der Welt vor dem großen Eingreifen Gottes bei der Wiederkunft Jesu ist nicht verheißen. Dennoch sind Nachfolger Jesu aufgefordert, nach dem einleitenden Bibeltext zu handeln. Durch Gebet wird uns das leich­ter gelingen.

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